In Kunterbuntstadt, wo die Straßen in leuchtenden Farben bemalt waren und die Häuser in allen Formen und Größen standen, gab es einen Tätowierladen, der für seine außergewöhnlichen Tätowierungen bekannt war. „Geheimtinte“ hieß er, und Fridolin, der Besitzer, war ein Künstler durch und durch. Er mischte seine eigenen Tinten und experimentierte gern mit neuen Formeln, um seinen Kunden einzigartige Tattoos zu bieten.
An einem sonnigen Nachmittag betrat Jan, Fridolins bester Freund und ein entschlossener Kriminalbeamter, den Laden. Jan war groß und kräftig, mit einem scharfen Blick, der selbst das kleinste Detail nicht übersah. Aber heute war er nicht hier, um einen Fall zu lösen. Heute war er hier, um sein erstes Tattoo zu bekommen.
„Fridolin! Bist du bereit, Geschichte zu schreiben?“, rief Jan, während er den Laden betrat.
Fridolin lächelte breit. „Natürlich, mein Freund! Was hast du dir vorgestellt?“
„Etwas, das meine Entschlossenheit symbolisiert. Einen Kompass, der immer nach Norden zeigt, egal was passiert“, antwortete Jan.
Während Fridolin sich vorbereitete, kramte er in seinen Tintenflaschen. Ohne es zu merken, griff er nach einer besonderen Flasche, die er erst vor Kurzem zusammengemixt hatte. Er glaubte, es sei eine neue Tintenformel, die die Farben besonders lebendig machen sollte. In Wirklichkeit war es jedoch ein Trank, der versehentlich mit einem alten Zauberbuch, das Fridolin auf einem Flohmarkt erstanden hatte, in Kontakt gekommen war.
„Bereit?“, fragte Fridolin und setzte die Nadel an Jans Haut an.
„Immer“, erwiderte Jan mit einem Grinsen.
Als das Tattoo fertig war, stand Jan auf, um es im Spiegel zu betrachten. Aber zu ihrer Überraschung war nichts zu sehen – kein Tattoo, kein Jan, nichts. Jan war unsichtbar geworden!
„Fridolin, was zum Teufel hast du getan?“, rief Jans Stimme aus dem Nichts.
„Ich… ich weiß es nicht!“, stammelte Fridolin. „Es muss an der Tinte liegen. Warte, ich finde eine Lösung.“
Aber Jan, der die Situation schnell erfasste, begann zu lachen. „Stell dir nur vor, was ich jetzt alles anstellen könnte!“
„Jan, das ist kein Spiel!“, erwiderte Fridolin ernst. „Wir müssen das rückgängig machen.“
Doch Jan sah die humorvolle Seite. „Komm schon, Fridolin. Mach dir keine Sorgen. Lass uns ein bisschen Spaß haben, während wir nach einer Lösung suchen.“
Und so begann ihre unbeschwerte Jagd durch Kunterbuntstadt. Jan, der nun unsichtbar war, nutzte seine neue Fähigkeit, um heimlich Leuten zu helfen. Er half einem kleinen Jungen, seinen verlorenen Hund zu finden, indem er leise Pfiffe von unsichtbaren Lippen ertönen ließ. Er füllte die Hüte von Straßenmusikern mit Geld, das er aus seinem eigenen Portemonnaie nahm.
„Siehst du, Fridolin? Unsichtbarkeit kann auch Gutes bewirken“, sagte Jan, während sie durch die Gassen schlenderten.
Fridolin musste zugeben, dass es eine gewisse Freude bereitete, den Menschen heimlich zu helfen. Aber er machte sich immer noch Sorgen. „Wir müssen wirklich eine Lösung finden, Jan. Was ist, wenn es permanent ist?“
Jan zuckte mit den Schultern, soweit Fridolin das beurteilen konnte. „Dann werde ich der beste verdeckte Ermittler, den die Stadt je gesehen hat.“
Aber Fridolin gab nicht auf. Er erinnerte sich an die Tintenflaschen und eilte zurück zu seinem Laden, gefolgt von Jan, dessen Schritte auf dem Boden zu hören waren, auch wenn er unsichtbar blieb.
Als Fridolin durch seine Notizen und Formeln wühlte, entdeckte er schließlich die Wahrheit. „Jan, ich habe es! Ich hatte die Fähigkeit, den Trank rückgängig zu machen, schon die ganze Zeit in meiner anderen Tintenflasche!“
„Wirklich?“, kam Jans unsichtbare, aber erleichterte Stimme.
„Ja, lass uns das schnell machen. Ich möchte nicht, dass du für immer unsichtbar bleibst.“
Fridolin bereitete schnell die Gegenformel vor und trug sie auf Jans Haut auf, dort, wo das unsichtbare Tattoo sein sollte. Nach einigen bangen Momenten begann Jans Gestalt wieder zu erscheinen. Zuerst verschwommen, dann immer klarer, bis er vollständig sichtbar war, mit einem strahlenden Kompass-Tattoo auf der Haut.
„Es hat funktioniert!“, rief Jan und umarmte Fridolin.
„Ich bin so froh“, sagte Fridolin. „Aber versprechen mir, dass du das nächste Mal, bevor du etwas Neues ausprobierst, zweimal nachdenkst.“
Jan lachte. „Ich verspreche nichts. Aber ich werde mich daran erinnern, dass echte Freundschaft und Einfühlungsvermögen die größten Kräfte sind, die wir haben. Unsichtbar oder nicht.“
Und so endete ihr ungewöhnliches Abenteuer in Kunterbuntstadt. Fridolin und Jan hatten nicht nur eine Menge Spaß gehabt und Gutes getan, sondern auch eine wichtige Lektion über die Kraft der Empathie und des Einfühlungsvermögens gelernt.