Alexander konnte kaum glauben, dass seine Sommerpläne so plötzlich durchkreuzt wurden. Zusammen mit seinen Freunden hatte er sich den aufregendsten Sommer aller Zeiten ausgemalt. Sie wollten an den Strand fahren, Fahrradtouren unternehmen und die Stadt unsicher machen. Doch nun musste er stattdessen zu seinen Großeltern aufs Land. Für einen zehnjährigen Jungen klang das nach dem langweiligsten Sommer überhaupt.
„Mama, das ist nicht fair!“, beschwerte sich Alexander, als sie die Koffer packte. „Warum kann ich nicht bei meinen Freunden bleiben?“
„Weil dein Vater und ich eine Geschäftsreise antreten müssen und du nicht alleine zu Hause bleiben kannst“, erklärte seine Mutter geduldig. „Außerdem wirst du sehen, dass es bei Oma und Opa gar nicht so schlimm ist. Es gibt dort viel Natur und vielleicht lernst du neue Freunde kennen.“
Alexander seufzte tief. Die Vorstellung, den Sommer ohne seine Freunde zu verbringen, war schrecklich. Mit schwerem Herzen stieg er ins Auto und ließ sich von seinen Eltern aufs Land fahren.
Als sie schließlich auf dem Hof seiner Großeltern ankamen, wurde Alexander von seinen Großeltern herzlich begrüßt. Oma hatte bereits einen riesigen Kuchen gebacken und Opa zeigte ihm stolz seinen neuen Traktor.
„Schau mal, Alexander, dieser Traktor ist ein richtiges Wunderwerk der Technik“, sagte Opa begeistert. „Vielleicht darfst du ja mal mitfahren.“
Alexander lächelte höflich, aber sein Herz war nicht wirklich dabei. Er wollte einfach nur nach Hause.
Am nächsten Tag erkundete Alexander widerwillig die Umgebung. Er ging zum alten Schuppen, der voller Werkzeuge und anderer interessanter Dinge war. Plötzlich hörte er ein Rascheln hinter einem Stapel Heuballen. Neugierig schob er das Heu zur Seite und entdeckte ein paar Kinder in seinem Alter.
„Hey, wer bist du denn?“, fragte ein Mädchen mit lockigem Haar.
„Ich bin Alexander“, antwortete er zögernd. „Ich besuche meine Großeltern.“
„Cool, wir sind Emma, Ben und Felix“, stellte sich das Mädchen vor. „Wir wohnen hier im Dorf. Hast du Lust, mit uns zu spielen?“
Alexander zögerte kurz, aber dann nickte er. Die anderen Kinder wirkten nett und vielleicht war dieser Sommer doch nicht so schlecht.
Gemeinsam liefen sie zum Waldrand, wo die Kinder ihm ihr geheimes Versteck zeigten. Es war ein altes, halb verfallenes Baumhaus. Alexander war sofort begeistert.
„Wow, das ist ja toll!“, rief er aus. „Können wir es reparieren?“
„Das haben wir auch vor“, sagte Ben stolz. „Aber wir brauchen noch ein paar Materialien und Werkzeuge.“
Alexander war plötzlich voller Tatendrang. „Mein Opa hat einen ganzen Schuppen voller Werkzeuge. Vielleicht kann ich etwas davon mitbringen.“
Die nächsten Tage verbrachten die Kinder damit, das Baumhaus zu reparieren. Sie sammelten Holz, Nägel und alte Decken und verwandelten das verfallene Baumhaus in ein gemütliches Versteck.
Alexander merkte, wie viel Spaß es machte, mit seinen neuen Freunden zusammenzuarbeiten. Sie lachten, plauderten und erlebten viele kleine Abenteuer im Wald. Emma brachte ihnen bei, wie man Beeren pflückte, und Felix zeigte ihnen die besten Kletterbäume.
Eines Nachmittags, als sie gerade eine Pause im Baumhaus machten, fragte Ben: „Was machst du eigentlich in den Ferien, Alexander?“
„Eigentlich wollte ich mit meinen Freunden in die Stadt gehen und viele coole Dinge unternehmen“, antwortete Alexander. „Aber jetzt bin ich hier und… ehrlich gesagt, es ist gar nicht so schlimm, wie ich dachte.“
„Das freut uns“, sagte Emma lächelnd. „Wir sind froh, dass du hier bist.“
Während der Sommer fortschritt, wuchsen Alexander und seine neuen Freunde immer enger zusammen. Sie entdeckten einen alten Teich, an dem sie schwimmen gingen, und veranstalteten nächtliche Lagerfeuer mit Stockbrot und Geschichten. Alexander lernte, wie man mit Pfeil und Bogen schießt, und brachte den anderen Kindern einige Stadtspiele bei, die sie noch nicht kannten.
Eines Tages, als sie wieder im Baumhaus saßen, hatten die Kinder eine Idee. „Warum machen wir nicht ein großes Fest, um das Ende des Sommers zu feiern?“, schlug Felix vor. „Wir könnten all unsere Eltern einladen und zeigen, was wir gebaut haben.“
Die anderen stimmten begeistert zu. Die nächsten Tage waren voller Vorbereitungen. Sie schmückten das Baumhaus mit Girlanden und Lichterketten, backten Kuchen und bereiteten Spiele vor. Alexander konnte es kaum erwarten, seinen Großeltern das fertige Baumhaus zu zeigen.
Am Abend des Festes war das Baumhaus voller Lachen und Freude. Eltern und Geschwister der Kinder kamen und bewunderten ihre Arbeit. Alexander fühlte sich stolz und glücklich. Er hatte etwas Bedeutendes geschaffen und neue Freunde gefunden.
„Ich bin so froh, dass du diesen Sommer bei uns warst“, sagte seine Oma, als sie ihm einen Teller mit Kuchen reichte. „Du hast so viel gelernt und bist gewachsen.“
„Ja, und ich habe neue Freunde gefunden“, fügte Alexander hinzu. „Das ist der beste Sommer überhaupt.“
Als der Sommer zu Ende ging und Alexanders Eltern ihn abholten, war er wehmütig, aber auch voller Dankbarkeit. Er wusste, dass er immer wieder zu seinen Großeltern zurückkehren konnte und dass die Freundschaften, die er geschlossen hatte, bestehen bleiben würden.
„Ich freue mich schon auf den nächsten Sommer“, sagte Alexander, als sie das Dorf verließen. „Ich habe so viel gelernt und so viele tolle Dinge erlebt. Danke, dass ihr mich hergebracht habt.“
Seine Mutter lächelte und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Manchmal sind die schönsten Erlebnisse die, die man am wenigsten erwartet.“
Alexander nickte und schaute aus dem Fenster. Er wusste, dass dieser Sommer ihn für immer verändert hatte und dass er die Lektionen und Freundschaften, die er gefunden hatte, immer in seinem Herzen tragen würde.